BPatG, Beschluss vom 27.01.2015 – 27 W (pat) 5/14 „Lönneberga“ –
Nach dem Markengesetz können Marken nicht eingetragen werden, die nur aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der geographischen Herkunft der Waren oder Dienstleistungen dienen können. Ob eine Ortsangabe geeignet ist, die geographische Herkunft der Waren oder Dienstleistungen zu beschreiben, hängt sehr vom Einzelfall ab. Entscheidend ist wie immer die Sicht der beteiligten Verkehrskreise. Gegen eine Eignung als geographische Herkunftsangabe kann sprechen, dass sich der Ort aufgrund seiner Größe oder Lage nicht als Sitz entsprechender Herstellungs- oder Vertriebsunternehmen eignet und mit der Ansiedlung entsprechende Unternehmen auch künftig nicht zu rechnen ist. Allerdings können im Einzelfall auch schon „positiv besetzte Vorstellungen“ mit diesem Ort in Bezug auf die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen genügen, um den Ortsnamen von einem markenrechtlichen Schutz auszuschließen.
Eine neue Facette bringt ein vom Bundespatentgericht (BPatG) entschiedener Fall. Ein Dritter hat gegen die im Jahre 2006 angemeldet, für Taschen und Bekleidung eingetragene deutsche Wortmarke „Lönneberga“ im Jahre 2013, also innerhalb der 10-Jahres-Frist, Löschungsantrag beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) wegen fehlender Schutzfähigkeit gestellt. Denn es handle sich bei Lönneberga“ um einen Ort in Schweden, der aus den Geschichten des „Michel aus Lönneberga“ von Astrid Lindgren weltbekannt sei. Die Kennzeichnung „Lönneberga“ wirke daher ausschließlich als Hinweis auf die geographische Herkunft der damit versehenen Waren.
Dem hielten die Markeninhaber entgegen, dass Lönneberga im Jahre 2005 nur 180 Einwohner gehabt habe und keinerlei wirtschaftliche Bedeutung aufweise. Dennoch gab das DPMA dem Löschungsantrag vollständig statt, da diese Ortsangabe den Verbraucher, der den tatsächlich existierenden Ort nicht genauer kenne, wegen der damit verbundenen positiven Kindheitserinnerungen auf emotionaler Ebene anspreche und Vorstellungen von „Urtümlichkeit“ und „Heimelichkeit“ hervorrufe. Zudem könne die Herstellung handgefertigter Bekleidung und Taschen trotz der geringen Einwohnerzahl auch tatsächlich in Lönneberga geschehen.
Gegen die Löschung der Marke haben die Markeninhaber Beschwerde eingelegt und hatten damit vor dem Bundespatentgericht (BPatG) Erfolg. Ausgehend von der bekannten „Chiemsee“-Entscheidung des EuGH aus dem Jahre 1999 bekräftigte der Senat nochmals, dass die bloß theoretische Möglichkeit, dass sich an einem Ort künftig Betriebe der jeweiligen Branche ansiedeln könnten, nicht ausreiche, um ein Freihaltebedürfnis zu begründen. Eine solche Entwicklung muss vielmehr anhand der Gesamtzustände zu erwarten sein, was das BPatG hier verneint hat. Zudem werde jedenfalls das deutsche Publikum die Bezeichnung „Lönneberga“ nicht ohne weiteres als reale Ortsangabe erkennen, da in Kinderbüchern häufig Fantasienamen verwendet würden. Die Geschichten von Astrid Lindgren hätten zudem keinen Inhalt, der sich auf bestimmte Eigenschaften von Waren beziehe, daher sei auch eine Verknüpfung der Marke mit positiv besetzten Vorstellungen hier nicht geeignet, ein Freihaltebedürfnis zu begründen.
Der Beschwerde wurde damit stattgegeben, und die Marke blieb im Register.